Schultheater.Leben | Bremen | 22.09. bis 27.09.2024

Tanzend gegen die Zeit - Schülerinnen-Rezension

„Change“ ist eine kraftvolle und emotionale Inszenierung, die ohne moralische Belehrung die Dringlichkeit des Klimawandels thematisiert.

„Menschen ernähren sich von Geld und Status, die Natur wird zu Discountpreisen an gierige Kunden verschleudert.“ Diese eindringliche Aussage fällt während der Aufführung des Stücks „Change“, das vom Goethe-Gymnasium Schwerin unter der Leitung von Silke Gerhardt präsentiert wird. Die Schülerinnen greifen dabei ein hochaktuelles Thema auf: den Klimawandel. Sie setzen in einer körperbetonten und visuellen Inszenierung die fortschreitende Zerstörung der Umwelt eindrucksvoll in Szene.

Das Bühnenbild ist schlicht, aber symbolisch stark aufgeladen. Überall liegen Pfandflaschen, die als zentrale Requisiten mehrfach in die Handlung eingebunden werden, um die Verschmutzung der Ozeane durch Plastikmüll darzustellen. Die Darstellerinnen beginnen als Eistropfen, die langsam schmelzen, ein kraftvolles Bild für das Sterben der Gletscher. In intensiven Tänzen agieren sie als Wind oder Meereslebewesen, die sich um die Plastikflaschen bewegen. Besonders einprägsam ist die Szene, in der die Darstellerinnen die Flaschen sammeln, während jede von ihnen die Bedeutung von Wasser für das Leben betont: „Wir trinken zwei Liter Wasser am Tag“, „Ohne Wasser, kein Leben“.

Die Aufführung setzt nicht auf viele Worte, sondern nutzt eindrucksvoll Tanz, Mimik und Gestik, um die Dramatik des Klimawandels zu vermitteln. Emotionen wie Trauer und Wut werden klar und kraftvoll dargestellt. In einem besonders intensiven Moment stehen die Darstellerinnen in „Freeze“-Positionen – einige verharren, während andere in Zeitlupe weiter tanzen. Dieses Wechselspiel zwischen Bewegung und Stillstand symbolisiert den verzweifelten Kampf der Natur gegen die menschliche Ignoranz.

Auch der übermäßige Konsum von Fast-Fashion wird thematisiert. In einer hektischen Szene werden Hemden wild hin und her geworfen, was als Kritik an der verschwenderischen Modeindustrie interpretiert werden kann. Die anschließende Darstellung einer explodierenden Recyclingmaschine verstärkt das Gefühl der Hilflosigkeit angesichts der globalen Krise. Die Darstellerinnen bringen durch ihre Bewegungen die innere Zerrissenheit der Natur zum Ausdruck – mal fließend und harmonisch, dann wieder hektisch und aggressiv.

Die technische Gestaltung des Stücks ist minimalistisch, aber effektiv. Das Geräusch eines brechenden Eisbrockens, gefolgt von einem abrupten Lichtausfall, lässt alle Darstellerinnen zu Boden fallen und markiert einen Wendepunkt. Ebenso trägt die subtile Klaviermusik zur melancholischen Grundstimmung bei. In einer Szene steht eine Darstellerin allein auf der Bühne und führt einen emotionalen Tanz auf, während die anderen im Hintergrund regungslos verharren – ein Symbol für die Isolation und Verzweiflung angesichts der klimatischen Veränderungen.

Am Ende des Stücks formieren sich die Darstellerinnen in einer Linie am Bühnenrand und starren das Publikum stumm und intensiv an. Diese letzte Szene, in der sogar Tränen fließen, hinterlässt einen bleibenden Eindruck und fordert die Zuschauenden heraus, über den eigenen Konsum und die Auswirkungen auf die Umwelt nachzudenken.

„Change“ ist eine kraftvolle und emotionale Inszenierung, die ohne moralische Belehrung die Dringlichkeit des Klimawandels thematisiert. Die Darstellerinnen nutzten den Raum meisterhaft und verwandeln alltägliche Gegenstände wie Pfandflaschen und Hemden in starke Symbole für die Zerstörung der Natur. Das Stück überzeugt durch den Wechsel von langsamen, fließenden Bewegungen zu hektischen, aggressiven Szenen, die den inneren Konflikt und die Bedrohung der Natur spürbar machen. Besonders das emotionale Ende, in dem die Darstellerinnen das Publikum wortlos mit ihrer Trauer konfrontieren, bleibt noch lange nach der Aufführung im Gedächtnis.

Julina Loock & Diana Kaya (Alexander-von-Humboldt-Gymnasium Bremen)
Mecklenburg-Vorpommern: Change
Foto: Manja Herrmann